Glosse: Von der Last der Liebesschlösser am Bismarcksteg

Wuppertal. In der Summe wiegen sie Zentner, Doppelzentner, vielleicht sogar Tonnen. Seit dem Sommer 2008 behängen Liebende die Sicherheitsgitter an der Kölner Hohenzollernbrücke mit Schlössern und versenken den Schlüssel hernach im Rhein, auf dass niemand ihn je wieder bergen möge.

Den Kölnern ist das recht und billig. Endlich präsentiert sich da ein properes Motiv, das den fast schon bis zur Krypta wegfotografierten Dom als Bildsouvenir entlastet. Zudem mutmaßen Experten, dass der rheinische Brauch italienische und damit fast schon adelige Wurzeln haben könnte.

Frei von solch kopflastigen Erwägungen gibt sich Gerta Siller von den Wuppertaler Grünen. Dorn im Auge sind ihr die Liebesschlösser am Bismarcksteg. Nicht dass sie monieren würde, es baumele dort der billige Abklatsch einer Kölner Kopie florentiner Liebesbeweise. Nein, sie findet jeglichen Behang an Bismarcks kurzem Steglein unpassend, weil Jugendstil unter die Räder komme.

Ganz so stimmt das nicht, denn der bergische Knötterkopp hat in seiner Weitsicht schon vor über 100 Jahren vorgesorgt und die Originalbrüstung hängeunfreundlich gestaltet. Die meisten Liebenden müssen sich deshalb mit einem Platz an den baumarktgenormten Gittern begnügen, die erst vor wenigen Jahren entlang des Flussufers montiert wurden. So tun die Schlösser keineswegs dem Jugendstil Abbruch, sondern betonen nur den kantigen Pragmatismus der Neuzeit.

Dennoch möchte Siller den stadteigenen Panzerknacker bestellen, der die Schlösser entfernen soll. Einen Antrag dazu hat sie der Bezirksvertretung Elberfeld vorgelegt. Nun gilt es zu prüfen, ob der Weg einer Spaßbremse auch der richtige ist. Schließlich könnte es sein, dass die Aktion der Ordnungshüter erst recht die Liebenden dieser Welt auf den Plan ruft. Im schlimmsten Fall würden sie das Schwebebahngerüst wie einen Christbaum mit tonnenschweren Lasten behängen. Ein echter Runterzieher.

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