Telefonseelsorge: „Helfer müssen fest im Leben stehen“

Bis zu 20 000 Anrufe erreichen die Wuppertaler Telefonseelsorge im Jahr. Rund 75 Mitarbeiter nehmen sie regelmäßig entgegen.

Telefonseelsorge: „Helfer müssen fest im Leben stehen“
Foto: Anna Schwartz

Wuppertal. Rund 75 Mitarbeiter engagieren sich in der Wuppertaler Telefonseelsorge. Damit immer jemand abnimmt, rund um die Uhr, jeden Tag im Jahr. Eine von ihnen ist Hildegard, die nur ihren Vornamen nennt, um weiter anonym zu bleiben.

„Ich wollte nach meinem Beruf etwas für Menschen tun“, sagt sie. Sie hatte sich bei Pastorin Annette Holzapfel gemeldet, ist durch das Auswahlverfahren gekommen, hat die Ausbildung mitgemacht.

Hildegard: „Ich hatte vorher nicht damit gerechnet, eine so lange und qualifizierte Ausbildung zu machen.“ Seit einem Jahr versieht sie jetzt ihren Dienst in der Telefonseelsorge. Fordernd, aber nicht überfordernd sei die Arbeit. „Fordernd, weil man nie weiß, was als Nächstes kommt. Nicht überfordernd, weil es gar nicht immer um Tod und Leben geht. Viele haben richtig Humor, und man lacht am Ende.“ Drei, vier Schichten je vier Stunden hat jeder. Oder statt zwei Tagesschichten eine Nachtschicht, die acht Stunden lang ist.

„Was ganz wichtig für mich ist: Man kann sich die Zeiten weitgehend aussuchen. Je nachdem wie man Zeit hat oder wenn man mal was vor hat.“ Der Dienstplan wird auf drei Monate ausgeschrieben, man kann seine Wunschschichten online eintragen.

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In jedem Fall gelte es im Dienst immer, die Balance zu halten zwischen Anteilnahme und Selbstschutz. Wenn es sein muss, dann kann Hildegard auch sagen: Entschuldigung, jetzt kann ich nicht weiter. Bitte rufen Sie später wieder an, wenn hier ein anderer sitzt. Vor allem gehe es darum, dazusein, zuzuhören. Annette Holzapfel: „Unsere Helfer müssen fest im Leben stehen. Selber belastende Dinge verarbeiten können.“

Es gehe nicht in erster Linie um Beratung. „Wenn ich direkt um Rat gefragt werde, dann gebe ich ihn, wenn ich kann“, sagt Hildegard. „Außerdem haben wir hier eine Liste mit Beratungs- und Hilfsangeboten.“ Aber oft gehe es um Entscheidungen, die beide schlecht sind. Da könne man nur da sein, den Weg gemeinsam gehen und versuchen zu helfen.

Getragen wird die Telefonseelsorge aus einer christlichen Grundhaltung. Eine weitere Voraussetzung für die Helfer am Telefon. Keineswegs aber für die Anrufer, unter denen durchaus etliche anderen oder gar keines Glaubens sind.

Von den vielen Anrufern, welche die Telefonseelsorge erreichen, legten viele gleich wieder auf. Bei vielen handelt es sich um Scherze, oft von Kindern. Was bleibt, sind im Schnitt sechs bis acht Gespräche pro Schicht.

Viele haben sonst niemanden, mit dem sie reden können. Einsamkeit ist ein großes Thema. Hildegard: „Und nicht jeder sagt sofort, was sein Anliegen ist.“ Dann heißt es oft, einfühlsam auf die Botschaften zwischen den Sätzen zu hören.

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