Toter Schüler: Mutter kritisiert die Justiz

Nach schwerem Unfall muss sich eine 45-jährige wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten.

Wuppertal. Bei einem schweren Verkehrsunfall auf der Beyenburger Straße ist im Mai letzten Jahres ein 15 Jahre alter Schüler ums Leben gekommen und eine Mitschülerin schwer verletzt worden. Die beiden — sie gehörten zu einer Schulausflugsgruppe des Carl-Duisberg-Gymnasiums — sind in Nähe Haus Kemna vom Ford Focus der Fahrerin (45) eines Pflegedienstes erfasst worden.

Die Frau war zum Unfallzeitpunkt ohne Führerschein unterwegs und muss sich vor Gericht nun wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis verantworten.

Das empört die Mutter des getöteten Schülers. „Es ist mir unverständlich, dass hier nicht die Klage ’fahrlässige Tötung’ zugelassen wurde“, schreibt sie in einem offenen Brief an die Staatsanwaltschaft. „Wenn die Fahrerin sich an das ihr bereits vor 14 Jahren erteilte Fahrverbot gehalten hätte, würde mein Sohn noch leben.“ Die Mutter will nun erreichen, dass die Anklage geändert wird.

Doch die Staatsanwaltschaft erklärt: „Fahrlässige Tötung wurde nicht angeklagt, weil ein Sorgfaltspflichtverstoß nicht mit der erforderlichen Sicherheit nachzuweisen war“, sagt Staatsanwältin Friedel Heuermann.

„Es wurde ein Unfall-Sachverständiger hinzugezogen. Ein Gutachten hat gezeigt, dass die Frau sich verkehrsgerecht verhalten hat und in einer der Situation angemessenen Geschwindigkeit unterwegs war.“ Nach Auswertung der Verbindungsdaten ihres Mobiltelefons stehe zudem fest, dass die 45-Jährige zum Unfallzeitpunkt nicht telefoniert habe.

Laut Ermittlung sollen die Schüler völlig unvermittelt und ohne auf den Verkehr zu achten, auf die Straße gelaufen sein. Die Frau habe keine Chance gehabt, den Unfall abzuwenden — ob mit oder ohne Führerschein: „Man kann nicht einen Fahrlässigkeitsvorwurf daraus herleiten, dass sie nicht im Besitz einer Fahrerlaubnis war“, sagt Heuermann — sprich: „Der Unfall wäre genauso passiert, wenn sie mit einer gültigen Fahrerlaubnis unterwegs gewesen wäre.“

Und: Hätte die Frau einen Führerschein gehabt, wäre das Verfahren nach Prüfung wohl eingestellt worden. „Das ist ein unglaublich tragischer Fall, und wir können die Trauer der Mutter nachvollziehen“, sagt Friedel Heuermann. Aber wir haben uns an die Faktenlage zu halten.“

Das Verfahren wegen Fahrens ohne Fahrerlaubnis wird am kommenden Donnerstag vor dem Amtsgericht Wuppertal verhandelt.

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