Trasse: Dornröschen schläft immer noch

Alle warten auf den Förderbescheid — und auch am Tunnel Schee steht die Natur wieder in den Startlöchern.

Wuppertal. Das Schild der Wuppertal Bewegung spricht für sich. „Hier könnte ihre Trasse sein“ ist am ehemaligen Haltepunkt Bracken zu lesen, und gleich dahinter warten weitere Schilder. Diesmal welche der Stadt Wuppertal: Der Märchenwald jenseits des Holzverschlags mit der Hinweistafel „Wuppertal-Nächstebreck“ ist eine vor sich hin schlummernde Baustelle, die nach wie vor nicht betreten werden darf.

Entsprechend mürrisch knirscht der Trassenschotter unter den Schuhsohlen, und es dauert nicht lange, bis in der Ferne eine Spaziergängerin mit Hunden zu sehen ist. Was folgt, ist ein kurzes Gespräch tief in der verbotenen Zone. „Natürlich sorgt die Trasse auch hier in Nächstebreck für Diskussionen“, sagt die Wuppertalerin, während ein paar Meter weiter Bachwasser am Bahndamm vorbei plätschert.

Und natürlich sei längst nicht jeder Nächstebrecker begeistert, dass es mit der Ruhe im Grünen bald vorbei ist. Wobei „bald“ in Wuppertal im Allgemeinen und auf der Nordbahntrasse im Speziellen immer relativ ist: Ende 2014 soll der Tunnel Schee so weit hergerichtet sein, dass er das Bergische Land und das Ruhrgebiet wieder verbindet.

Fällig ist vorher eine Holzbrücke, um die Trassenlücke über der Straße Bracken zu schließen. Der Wegebau selbst dürfte nur wenige Wochen in Anspruch nehmen und den Dornröschenschlaf in Nächstebreck beenden.

Der Weg zum Tunnel Schee ist nicht nur steinig. Er wird auch von Trampelpfaden gesäumt, die zeigen, dass hier Spazieren gegangen wird, während nach wie vor auf Post aus Düsseldorf gewartet wird: Um 7,2 Millionen Euro für die Außenäste im Osten und Westen der Trasse geht es, und noch sind die Märchenprinzen aus Politik und Verwaltung nicht in Sicht.

Weitaus konkreter sind die umgefallenen Baumstämme, die wie hölzerne Arme mit krummen Fingern nach dem Bahndamm greifen und keinen Zweifel daran aufkommen lassen, dass sich die Natur dieses Stück Trasse ohne Weiteres sofort wieder zurückholt, wenn man sie nur ließe.

Rustikal sind die Gitterwände, die den berühmt-berüchtigten „Fledermaustunnel“ absperren. Dahinter gibt es nur bodenlose Schwärze und einen eisigen Windhauch, der an die vielen Auseinandersetzungen der vergangenen Jahre erinnert. Und auch die Nächstebrecker Vögel hoch oben in den Baumwipfeln zwitschern in diversen Sprachen — und scheinen sich beim Blick auf die Trasse nicht einig zu sein.

Auf dem Rückmarsch zum Haltepunkt und den mit Liebe instandgehaltenen Relikten der Eisenbahnzeit gibt es dann noch einen archäologischen Fund, der es in kein Museum schafft, weil er der Zukunft gehört: Da liegt er im Trassenschotter, versteckt zwischen siegreichen Grashalmen — der samtschwarze Gummifuß eines Fahrradständers.

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