Wanderschaft der Sitzenden endet in der Schwimmoper

Die Bronze von Henry Moore steht für ein bewegtes Kapitel der Wuppertaler Kultur- und Stadtgeschichte.

Elberfeld. In der Nacht vom 5. auf den 6.Dezember 1959 ereilte die "Sitzende" vor der Schwimmoper ein trauriges Schicksal. Die Bronzeskulptur von Henry Moore wurde geteert und gefedert. In einem Bekennerbrief schrieben damals Kunstbanausen, die gegen die moderne Kunst Sturm liefen: "Man hätte aus der Sitzengebliebenen besser 100 Bratpfannen machen sollen."

Die Umwandlung in Bratpfannen blieb dem Kunstwerk erspart. Nicht aber eine jahrelange Wanderschaft, in deren Verlauf die Figur vor dem Haus der Jugend, dem Schauspielhaus und im Foyer des Von der Heydt-Museums Station machte, bevor sie im Frühjahr dieses Jahres nach der Wiedereröffnung der Schwimmoper auf den Johannisberg zurückkehrte. Dort steht sie nun in einer Ecke des Foyers und führt ein Nischendasein, denn eigentlich hatte ihr Schöpfer Henry Moore sie als Ergänzung zu der kühnen Architektur der Schwimmhalle für einen Platz unter dem freien Himmel der Südstadt entworfen.

Am vergangenenen Wochenende zog die gesamte deutsche Schwimmelite an der Skulptur vorbei. Doch während der Jagd nach Gold, Silber und Bronze bei den deutschen Kurzbahn-Meisterschaften im Schwimmen dürften Stars wie Olympiasiegerin Britta Steffen oder Weltrekordler Paul Biedermann kaum einen Blick auf die imposante Bronzefigur am Eingang der Schwimmoper geworfen haben. Schade, denn kaum eine andere bedeutende Sportstätte Deutschlands dürfte sich mit mit einem solch wertvollen Kunstwerk schmücken.

"Der Abguss wurde zu Lebzeiten von Henry Moore angefertigt, das erhöht den Wert, da der Künstler sie selbst abgenommen hat", sagt Gerhard Finckh, Direktor des Von der Heydt-Museums, wo die Skulptur noch bis zum Frühjahr bewundert werden konnte. "Der Platz war aber nicht ideal, da sie mit dem Rücken zum Eingang stand", sagt Finckh. Er hält den Standort in der Schwimmoper für gut gewählt, wenn es auch andere denkbare gebe. Grundsätzlich spricht sich Finck gegen einen Außen-Standort aus.

"Sie hat, als sie vor dem Schauspielhaus stand, unter dem sauren Regen gelitten. Außerdem musste man sie vor Vandalismus schützen", sagt Gerhard Finckh, der zudem an die Serie von Bronzediebstählen in Wuppertal erinnert. Der aktuelle Wert der Bronzefigur lässt sich nur schätzen. Er dürfte aber um ein Vielfaches die Kaufsumme von 78.000 Mark übersteigen, die Henry Moore 1957 gefordert hatte. Da den britischen Bildhauer der Auftrag reizte , ließ er sich auf 50.000 Mark herunter handeln. Ursprünglich war die Skulptur im Besitz der Stadtwerke, die sie 1963 an den Kunst- und Museumsverein übergab.

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