Wuppertaler Fußball-Legenden: Wiedersehen der Viktoria-Löwen

In den 1960er Jahren waren sie eine Macht in Wuppertals Fußball: die Spieler des TuS Viktoria 96. Einige trafen sich wieder.

Wuppertal. Den TuS Viktoria von 1896 gibt es seit 1970 nach der Gründung des ASV nicht mehr, ebenso wenig wie die legendäre Vereinsgaststätte von „Buba“ Scholl. Doch die alten Viktorianer, die vornehmlich in der 60er Jahren in der höchsten Amateurklasse auf dem Sportplatz an der Rudolfstraße einen wahren Publikumsmagneten darstellten, die leben zum größten Teil noch. Und die trafen sich zu rund zwei Dutzend am Mittwochabend auf Einladung des Gastwirtes und bekennenden Viktoria-Fans Uwe Schröder in der „Dachluke“, im vierten Stock in der Friedrich-Ebert-Straße 360.

Dass die alten Recken, die durchweg die 70 schon deutlich überschritten haben, für den Fahrstuhl dankbar waren, lag nicht am Widerwillen gegen die vielen Treppenstufen, sondern wurde von Ex-Torwart Klaus Köchling (71) humorig erklärt: „Auf 14 Mann im Kader von damals kommen inzwischen elf künstliche Gelenke“, so der früher so elegante Flieger im Viktoria-Tor, der etliche „Unhaltbare“ herausgefischt hat. Er wurde zum Rückhalt einer Mannschaft, die 1966 sogar an der deutschen Amateurmeisterschaft (die wurde damals noch ausgespielt) teilnahm und erst am späteren deutschen Meister Hannover 96 scheiterte.

„Das lag nur daran, dass unser Torjäger Harry Tschiedel damals verletzt war“, wurde das frühe Ausscheiden der Viktorianer erklärt. Harry Tschiedel, klein, wuselig und ein Unruheherd im gegnerischen Strafraum, grinst beifällig und blättert interessiert in dem Album, in dem Mitorganisator Günter Straka alte Zeitungsabschnitte gesammelt und eingeklebt hat. Fotos, vornehmlich vom 1979 verstorbenen GA-Fotografen Herbert Vesper, der den Jungs von der Rudolfstraße oft noch am Spielabend die Bilder zum „Buba“ brachte.

Und die zeigten nicht nur den genialen, zwischenzeitlich wohl gerundeten Spielmacher Gerd Bönschen, Mittelläufer (das war der Vorläufer des inzwischen ebenfalls antiquierten „Liberos“) Jürgen Petry oder den verstorbenen „Hömpi“ Dienstbier in Aktion, sondern auch die für heutige Verhältnisse unfassbaren Zuschauermassen auf der Aschen-Arena an der Rudolfstraße.

Auch wenn das Langzeitgedächtnis dazu neigt, die Vergangenheit zu vergolden: die oft mehr als 5000 Zuschauer sind durch Zeitungsausschnitte belegt. Ebenso wie die drei Niederlagen, die dem klassenhöheren WSV (damals in der Regionalliga West, der 2. Liga) auf Asche beigebracht wurden.

Zum Dank für die Einladung hatte Klaus Köchling dem rund 20 Jahre jüngeren Wirt Uwe Schröder („Ich war damals ein kleiner Bönsel und habe mich immer reingepfuscht“) ein Mannschafts-Farbfoto mitgebracht, auf dem die Aufstiegs-Viktorianer im weißen Trikot mit den dünnen roten Streifen prangen. Und genau so ein Trikot, versehen mit seiner Rückennummer 4, präsentierte Außenläufer Ernst Orthmann, trotz seiner 74 Jahre immer noch „en staatsen Kääl“ wie man in Wuppertal sagt, als er sich unter großem Hallo seines Pullovers entledigte.

„Ist allerdings unter den Achseln zigmal gestopft“, was übrigens damals die Spielerfrauen erledigten.

„Wir waren eine gewachsene Mannschaft“, meint Ernst Orthmann mit wehmütigem Blick, „aber solche Zeiten kommen nie wieder.“ Aber noch lässt man sie aufleben.

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